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Zylinderrosen (Ceriantharia)

Die Zylinderrosen (Ceriantharia) sind eine Ordnung der Blumentiere (Anthozoa), die ausschließlich solitär lebende Vertreter umfasst. Sie leben weltweit sowohl in tropischen wie auch gemäßigten Meeren in 1 bis 50 Meter Tiefe. Derzeit sind etwa 100 Arten beschrieben. Der Bearbeitungsstand dieser Gruppe ist allerdings ziemlich mangelhaft und neuere Teilbearbeitungen ergaben zahlreiche Synonyme.

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Zylinderrose bei Koh Phangan (Thailand)

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Hohlkreuzgarnelen (Thor amboinensis) an einer Zylinderrose

Lebensweise:
Die Tiere haben einen Rumpf ohne Fußscheibe. Sie sind Zwitter, die sich anders als andere Blumentiere fast nur geschlechtlich vermehren, ungeschlechtliche Knospung kommt nur selten vor. 
Die Zylinderrosen leben in einer aus Sandkörnern, verhärtetem Schleim und ausgestoßenen Nesselkapseln gebauten Wohnröhre in Schlamm- oder Sandböden. Bei Gefahr können sie sich blitzschnell darin zurückziehen. In der Nordsee und Teilen der Ostsee lebt die Nordsee-Zylinderrose (Cerianthus lloydi), die 15 cm lang wird und 60, bis 70 cm lange Tentakel hat.

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Mittelmeer-Zylinderrose (Cerianthus membranaceus)

Systematik:
Die Zylinderrosen werden derzeit in zwei Unterordnungen Penicillaria und Spiralia mit insgesamt drei Familien unterteilt. Die Penicillaria sind durch das Vorhandensein von sog. Pencilli-Nematocysten charakterisiert, die in anderer Terminologie auch als mikrobasisische p-Mastigophoren oder mikrobasische Amastigophoren bezeichnet werden. Die Spiralia haben diese Penicilli nicht; sie sind damit wahrscheinlich paraphyletisch.

  • Ordnung Zylinderrosen (Ceriantaria)
     

    • Familie Arachnanthidae

      • Gattung Arachnanthus Carlgren, 1912

      • Gattung Isarachnanthus Carlgren, 1924

        • Gebänderte Zylinderrose (Isarachnanthus nocturnus)

      • Gattung Arachnactis Sars, 1846
         

    • Familie Botrucnidiferidae

      • Gattung Botruanthus McMurrich, 1910

      • Gattung Botrucnidifer Carlgren, 1912
         

    • Familie Cerianthidae

      • Gattung Cerianthus del Chiaje, 1830

      • Gattung Ceriantheomorphe Carlgren, 1931

      • Gattung Ceriantheopsis Carlgren, 1912

      • Gattung Pachycerianthus Roule, 1904

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Gebänderte Zylinderrose (Arachnanthus nocturnus)

Phylogenie:
Die Zylinderrosen gehören zu den Hexacorallia, den Sechsstrahligen Blumentieren. Sie gelten als basales Taxon der Hexacorallia und stehen allen anderen Hexacorallia als Schwestergruppe gegenüber. Eine einzelne Studie aus dem Jahr 1995 sieht die Zylinderrosen allerdings als basale Blumentiere (Anthozoa) außerhalb der Taxa der Hexacorallia und Octocorallia.

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A: Cerianthidae, Ceriantheomorphe brasiliensis
B: Pachycerianthus schlenzae
C: Arachnactidae, Isarachnanthus nocturnus
D: Botrucnidiferidae, Botruanthus mexicanus (Foto: Ricardo Gonzalez-Muñoz)

Haltung im Aquarium:
Optimal ist ein reines Artenbecken mit großer Bodenfläche, damit man genügend Abstand zwischen den einzelnen Tieren erhält. Alleinhaltung ist anzuraten, da diese Tiere durch ihr sehr starkes Nesselgift andere Mitbewohner schädigen können. Auch von Tentakeln getroffene Fische sehen nicht sehr gut aus. Bei der Haltung von Zylinderrosen in Aquarien mit einem gemischten Besatz ist besonders auf genügend Abstand zu anderen sessilen Tieren, wie z.B. Korallen und Röhrenwürmern zu achten, da diese ansonsten vernesselt werden könnten.
Beim Einsetzen in das Aquarium muss man den Tieren einen 8 – 10 cm hohen Bodengrund, am besten Korallensand in der Körnung 1-3 mm, anbieten. Der Körperschlauch, der sich wie ein nasses Fensterleder anfühlt, wird auf eine dünne Schicht Korallensand gelegt und dann mit Sand so abgedeckt, dass die Öffnung der Hülle ca. 5-10 cm aus dem Boden ragt. Wir haben außerdem gute Erfahrungen mit der Haltung von Zylinderrosen in Blumentöpfen, welche mit feinem Sand aufgefüllt werden, gemacht.

Da diese Tiere in der Natur in der Tiefe zwischen 5 und 3o m leben und nachtaktiv sind, ist keine starke Beleuchtung notwendig. Viele Arten fluoreszieren. Um diese Fluoreszenzen heraus zu kitzeln ist eine blau-lastige Beleuchtung empfehlenswert.

Die Wasserparameter und Temperatur entsprechen denen von Korallenriff-Aquarien. Auch an die Strömung werden nur geringe Ansprüche gestellt. So ist eine leichte Wechselströmung für die Tiere am zuträglichsten. Ein hoher Sauerstoffgehalt des Wassers ist ein zwingendes Muss, dazu ist in der Regel der Betrieb eines guten Abschäumers ausreichend.
Gefüttert wird zwei bis dreimal pro Woche mit Artemia, Mysis, Cyklops und ähnliches Kleinfutter. Bei optimaler Haltung und Fütterung sind die Zylinderrosen dankbare und interessante Pfleglinge, die im Aquarium viele Jahre alt werden. Im Haus der Natur in Salzburg werden Mittelmeer-Zylinderrosen gepflegt, die schon seit mindestens  50 Jahren unter Aquarienbedingungen gedeihen. Ein Zylinderrosen-Artaquarium kann durch die unterschiedlichen Farben der Tiere zu einer wahren Augenweide werden.

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Mittelmeer-Zylinderrosen (Ceriantharia membranacea) in einem Aquarium

Zylinderrosen-Arten im Portrait:

Im folgenden Abschnitt stellen wir einige Zylinderrosen genauer vor. Viele der vorgestellten Arten haben wir schon einmal im Aquarium gepflegt oder pflegen wir aktuell in unserer Anlage.

Nordsee-Zylinderrose
Cerianthus lloydii

Cerianthus lloydii wird manchmal auch als Kleine Zylinderrose bezeichnet. Das Vorkommen erstreckt sich vom arktischen Nordpolarmeer, über Grönland, die Britischen Inseln, den Nord-Atlantik, die Nordsee, die Azoren, die Barentssee, die Biscaya, das Mittelmeer bis zum Ost-Atlantik bei Portugal und Spanien. Cerianthus lloydii  lebt in Meerestiefen von 15 bis 535 Meter bei Wassertemperaturen von 2°C - 20° C.

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Taxonomie:
Cerianthus lloydii wurde erstmals 1859 vom englischen Naturforscher Philip Henry Gosse beschrieben. Der amerikanische Zoologe Henry Weed Fowler verwendete 1897 den Namen Synarachnactis bournei, um eine von ihm entdeckte junge Anemone zu beschreiben. Später stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um das Larvenstadium von Cerianthus lloydii handelte. Infolgedessen wurde der Name S. bournei nicht zugelassen und gilt nun als jüngeres Synonym für C. lloydii.

Beschreibung:
Cerianthus lloydii wird etwa 15 cm lang. Sie verfügt nicht über eine Pedalscheibe, mit der es sich am Untergrund befestigen kann, sondern lebt in einem flexiblen, pergamentähnlichen Rohr mit einer Länge von bis zu 40 cm. Dieses wird im Sand oder Schlamm vergraben, wobei ein Ende über der Oberfläche liegt. Sandkörner, Trümmer und Muschelfragmente bleiben normalerweise an der Außenseite der Röhre haften und die Anemone streckt ihre Tentakel zur Nahrungsaufnahme über das Sediment hinaus. Die Zylinderrose kann sich innerhalb der Röhre frei bewegen und verfügt über kräftige Längsmuskeln in der Röhre, die es ihr ermöglichen, sich schnell in die Röhre zurückzuziehen. Im Gegensatz zu Seeanemonen können sich die Tentakel selbst nicht in die Säule zurückziehen. In einem äußeren Ring befinden sich etwa siebzig lange, schlanke, sich verjüngende Tentakel. Im voll ausgefahrenen Zustand können sie eine Spannweite von etwa 7 Zentimetern erreichen. Der innere Tentakelring ist kurz und umgibt das zentrale Maul. Die Tentakel dienen dazu, Nahrungspartikel und Beute in den Mund zu transportieren. Die allgemeine Farbe der Nordsee-Zylinderrose ist blassbraun und die Tentakel haben verschiedene Braun-, Grün- oder Cremetöne, oft mit dunkleren Braunstreifen. 

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Mittelmeer-Zylinderrose
Cerianthus membranaceus 

Die Mittelmeer-Zylinderrose ist eine große Art, röhrenbewohnender Blumentiere aus der Familie der Cerianthidae, die im Mittelmeer und den angrenzenden Teilen des nordöstlichen Atlantiks beheimatet ist.

Cerianthus membranaceus 
(Aquarium Banyuls-sur-Mer, Frankreich)

Cerianthus membranaceus 
(Aquarium de Canet-en-Roussillon, Frankreich)

Die Mundscheibe kann einen Durchmesser von bis zu 40 cm erreichen. Die Zylinderrose hat zwei Tentakelwirbel, die zusammen rund 200 Tentakel besitzen. Die äußeren Tentakel sind lang, relativ schlank, mit Nesselzellen besetzt und werden zum Fang der Nahrung verwendet. Die inneren Tentakel sind kürzer und dienen dazu, die gefangene Nahrung zur Mundöffnung zu transportieren. Die Tentakel sind manchmal gebändert und kommen verschiedenen Farben vor: weiß, gelb, orange, grün, braun, blau, schwarz und violett. Die Farbe des inneren Wirbels kontrastiert oft mit der des äußeren.
Zylinderrosen haben einen Rumpf ohne Fußscheibe. Sie sind Zwitter, die sich anders als andere Blumentiere fast nur geschlechtlich vermehren, ungeschlechtliche Knospung kommt äußerst selten vor.

Zylinderrosen leben in einer aus Sandkörnern, verhärtetem Schleim und ausgestoßenen Nesselkapseln gebauten Wohnröhre in Schlamm- oder Sandböden. Bei Gefahr können sie sich blitzschnell darin zurückziehen.

Die Zylinderrosen (Ceriantharia) sind eine Ordnung der Blumentiere (Anthozoa), die ausschließlich solitär lebende Vertreter umfasst. Sie leben weltweit sowohl in tropischen, wie auch gemäßigten Meeren in 1 bis 50 m Tiefe. Derzeit sind etwa 100 Arten beschrieben.

Cerianthus membranaceus
(Grand Aquarium Saint-Malo, Frankreich)

Cerianthus membranaceus kommt auf dem Meeresboden im Flachwasser des Mittelmeers, der nördlichen Adria und des nordöstlichen Atlantiks vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich bis nach Großbritannien. Dort lebt die Zylinderrose auf sandigen oder schlammigen Substraten, worin die Röhre im Sediment eingegraben werden kann. Im Mittelmeerraum kommt sie vor allem in Gebieten mit hohem Gehalt an organischer Substanz vor, beispielsweise in Verschmutzungszonen.
Zylinderrosen ernähren sich von kleinen Fischen und planktonischen Organismen, die mit den Fangtentakeln festgehalten werden.
Cerianthus membranaceus ist ein protandrischer Hermaphrodit. Sie beginnt das Leben männlich und wechselt später das Geschlecht und wird weiblich. Die Gameten werden ausgestoßen. Die kleinen Polypen setzen sich erst nach einer längeren planktonischen Phase fest.
Viele kommensale Organismen, insbesondere Borstenwürmer und Garnelen, nutzen die Röhren der Zylinderrosen als Zufluchtsort. Der Hufeisenwurm, Phoronis australis, setzt sich oft an der Außenseite der Röhre fest.
Die genaue Lebensdauer von Zylinderrosen im Meer ist nicht bekannt. In Aquarienhaltung sind aber Exemplare, die seit über 60 Jahren gehalten werden bekannt. Man kann daher davon ausgehen, dass die Tiere sehr langlebig sind.

Mittelmeer-Zylinderrosen im Haus der Natur, Salzburg:

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