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Zucht und Vermehrung von Korallen

Ableger einer Flötenkoralle (Caulastraea)

Ableger einer Spaghetti-Lederkoralle (S. flexibilis)

Zucht oder Vermehrung?

Als Zucht wird in der Biologie die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel der genetischen Umformung bezeichnet. Dabei sollen gewünschte Eigenschaften verstärkt und unerwünschte Eigenschaften durch entsprechende Zuchtauslese zum Verschwinden gebracht werden.

Eine richtige Zucht ist dementsprechend nur durch sexuelle Vermehrung möglich. 
Bei Korallen wird jedoch in der Regel eine Vermehrung durch das Schneiden von Ablegern vorgenommen, ähnlich, wie es bei der Vermehrung von Pflanzen durch Stecklinge gemacht wird. Dadurch erhält man kein neues Tier sondern eine genetisch identische Kopie des Muttertiers.
Obwohl sich viele Korallenfarmer als Korallenzüchter bezeichnen, wäre korrekterweise von Korallenvermehrern zu sprechen, aber dies nur am Rande. 

Die Vermehrung von Korallen ist ein wichtiger Beitrag, um unser Hobby, die Meerwasser-Aquaristik ein Stück weit nachhaltiger zu machen. So sind der überwiegende Teil, der heute gehandelten Korallen bereits Nachzuchten. Neben Farmnachzuchten, die im Meer kultiviert werden, sind gerade aquariengewachsene Korallen besonders gut für die Haltung im Riffbecken geeignet, da sich diese Tiere bereits über Generationen an Aquarienbedingungen angepasst haben. Außerdem müssen heimische Nachzucht-Korallen nicht um die halbe Welt versendet werden, was einen weiteren Vorteil gegenüber Wildfängen und Farmnachzuchten darstellt. Während viele Korallen, in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten, zunehmend mit menschgemachten Umwelteinflüssen, wie dem Klimawandel zu kämpfen haben (Korallenbleiche), so können wir Aquarianer dank entsprechender Technik, den Korallen einen, ihren Anforderungen an die verschiedenen Wasserparameter entsprechenden Lebensraum bieten und durch eigene Nachzuchten zum Erhalt der großartigen Artenvielfalt beitragen.

Unsere Korallenzucht

Während sich viele Korallenzüchter heutzutage den kleinpolypigen Steinkorallen (SPS) widmen haben wir uns auf einige andere Korallengattungen spezialisiert.
So sind wir bekannt für unsere große Auswahl an karibischen und indo-pazifischen Gorgonien, der Zucht von seltenen Weich- und Lederkorallen, sowie Anemonen und Zylinderrosen.

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Steinkorallen vermehren

Die meisten kleinpolypigen Steinkorallen (SPS) können einfach durch abtrennen von Stücken vermehrt werden. Bei plattenförmigen SPS, wie Montipora-Platten können Stücke abgebrochen oder mit einem sauberen Metall-Sägeblatt abgetrennt werden. Ableger von astförmigen SPS, wie den meisten Akropora-Arten können mit Seitenschneidern oder speziellen Korallenzangen abgetrennt werden.
Die meisten großpolypigen Steinkorallen (LPS) können nicht ganz so einfach vermehrt werden, da ihre Kalkskelette beim abtrennen mit Zangen häufig irreparabel zerbrechen. Für LPS-Korallen, wie Hammerkorallen (Euphyllia), Bartkorallen (Duncanopsammia) oder Flötenkorallen (Caulastraea) eignet sich ein Dremel mit Diamanttrennscheibe sehr gut. Es ist darauf zu achten nur ins Kalkskelett zu schneiden und das weiche Gewebe oder die Polypen dabei nicht zu verletzen. Für Korallen der Gattungen Gonipora, Alveopora und viele weitere LPS benötigt man je nach Größe schon eine spezielle Bandsäge.

Schnellwüchsige kleinpolypige Steinkorallen, wie diese Seriatopora sollten hin und wieder, durch Erstellen von Ablegern, verjüngt werden. Ansonsten sterben die unteren Bereiche der Koralle aufgrund von Abschattung und Lichtmangel ab, wie bei diesem sehr großen Stock auf dem Bild gut zu erkennen.

Ableger der großpolypigen Steinkoralle Euphyllia glabrescens

Weich- und Lederkorallen vermehren

Weich- und Lederkorallen können in der Regel durch abschneiden von Ablegern vermehrt werden. Diese werden mit einem Bindfaden oder einer Haushaltsschnur auf einen Ablegerstein gebunden. Die Ableger einfach festzukleben, funktioniert in der Regel nicht. Das Korallengewebe, das mit dem Kleber in Berührung kommt stirbt nach kurzer Zeit ab und der Ableger löst sich wieder vom Substrat. Auch die häufig empfohlenen Gummibänder eignen sich eher nicht. Sind die Gummis zu stark durchtrennen sie den Weichkorallenableger nach einiger Zeit, meist bevor dieser am Substrat festwachsen konnte. Sind sie wiederum zu locker kann der Ableger unter dem Gummi herausrutschen, da frisch geschnittene Weichkorallen-Ableger sich meist sehr stark zusammenziehen können.
Eine weitere Variante ist es, die Weichkorallen zunächst, auf rund um das Muttertier platzierten Steinen anwachsen zu lassen und erst dann abzutrennen.  Auf grobem Sand oder Korallenbruch angewachsene Korallenstücke können samt anhaftendem Substrat mit Sekundenkleber auf Plugs oder Ablegersteine geklebt werden.

Weichkoralle Alcyonium verseveldti auf Ableger-Plug

Ableger einer Bäumchen-Weichkoralle

Ableger von Pilzlederkorallen

Weich- und Lederkorallen, wie die Paralemnalia lassen sich relativ einfach durch das Schneiden von Ableger vermehren.

Gorgonien vermehren

Die meisten Gorgonien (Hornkorallen), vor allem die astförmig-verzweigten Arten können einfach durch abschneiden von Zweigen, bei Fächergorgonien, durch herausschneiden, nicht zu kleiner Stücke vermehrt werden. Die abgetrennten Ästchen werden dazu einfach auf handelsübliche Reefplugs oder Ablegersteine aufgeklebt. Wir formen dazu kleine Kügelchen aus Zweikomponenten-Knetkleber, welche entweder auf Reefpugs oder in die vorgegebenen Löcher von Ablegersteinen geklebt werden. In diese Kügelchen machen wir mit einem Zahnstocher ein kleines Loch, in dem dann der Gorgonienableger mit einem Tropfen Sekundenkleber befestigt wird. Wichtig ist das das Fußstück, des Gorgonienablegers etwa einen Zentimeter weit von der Haut befreit (geschält) wird, so dass das darunter liegende Skelett, welches aus Gorgonin besteht, freigelegt wird. Würde man die Ableger ohne diese Vorgehensweise aukleben, würde die Haut, die mit dem  Kleber in Kontakt kommt absterben und der Ableger sich nach kurzer Zeit wieder vom Substrat lösen. Das dünne, in der Regel schwarze Gorgonienskelett ist ideal, um eine dauerhafte Klebeverbindung herzustellen, welche später auch wieder vom gesunden Gewebe der Koralle überwachsen wird (Fußbildung).

Frisch geklebte indo-pazifische Gorgonien (Isis hippurus)

Frisch geklebte Ableger einer karibischen Gorgonie

Anemonen vermehren

Die meisten Anemonen vermehren sich bei guten Haltungsbedingungen von ganz alleine, durch Teilung und Abschnürung.
Manche unempfindlichere Anemonenarten, wie z.B. die Blasenanemone (Entacmaea quadricolor) können mit einem scharfen Skalpell mittig geteilt werden. Dabei muss unbedingt durch die Mundöffnung geschnitten werden. Ein "Ableger" ohne ein Stück vom Mund, ist nicht überlebensfähig. Das Zerteilen von Anemonen zur Vermehrung sollte nur von erfahrenen Haltern durchgeführt werden. Zu groß ist ansonsten das Risiko, dass es nicht funktioniert.

Blasen- oder auch Kupferanemonen (Entacmaea quadricolor) vermehren sich bei guten Haltungsbedingungen von selbst und können bei starker Vermehrung sogar zur Plage werden.

Vermehrung von Krusten- und Scheibenanemonen

Krusten- und Scheibenanemonen sind koloniebildende Nesseltiere.
Man muss nur warten bis sich neue Polypen bilden und kann diese dann separieren.
Da Scheibenanemonen sehr fest am Substrat haften ist ein Ablösen einzelner Polypen in der Regel nicht möglich. Man kann entweder mit einem Meißel ein Stück vom darunterliegenden Stein herausbrechen oder Ablegersteine so um die Kolonie platzieren, dass diese über kurz oder lang mit Scheibenanemonen überwachsen und dann separiert werden können.
Gleiches gilt für Krustenanemonen. Beim Umgang mit Krustenanemonen ist allerdings erhöhte Vorsicht geboten, wegen des hochpotenten Giftes (Palytoxin) dass vorallem Arten der Gattung Palythoa enthalten können. Am besten werden Krustenanemonen unter Wasser geteilt, eine passende Schutzausrüstung sollte dennoch getragen werden.

Verschiedene Scheibenanemonen (Rhodactis und Discosoma) auf Ablegersteinen

Krustenanemonen der Gattung Palythoa.
Krustenanemonen können unter Umständen sehr giftig sein! 
Palythoa-Arten verfügen über das Gift Palytoxin. Entsprechende Schutzmaßnahmen, wie Handschuhe und Brille sind beim Umgang mit Krustenanemonen zu treffen!

Reproduktion in freier Natur​​​

Sexuelle Fortpflanzung

Bei der sexuellen Fortpflanzung laichen die Korallenpolypen, oft gesteuert durch die Mondphasen, ab. Steinkorallen sind, je nach Art, zwittrig oder getrenntgeschlechtlich. Erstere geben, um eine Selbstbefruchtung zu vermeiden, Eizellen und Spermien zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab.

Bei der sexuellen Fortpflanzung laichen die Korallenpolypen, oft gesteuert durch die Mondphasen, ab. Steinkorallen sind, je nach Art, zwittrig oder getrenntgeschlechtlich. Erstere geben, um eine Selbstbefruchtung zu vermeiden, Eizellen und Spermien zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab.

Bei den Korallenarten mit interner Befruchtung geben die Korallenpolypen nur die Spermienzellen ab, und die Befruchtung der Eizellen erfolgt im Muttertier. Es werden dann, zu einem späteren Zeitpunkt, schon fertige Planula-Larven abgegeben. Die größte Anzahl der Korallenarten vermehrt sich jedoch durch externe Befruchtung. Dabei geben die Korallenpolypen gleichzeitig Spermien und Eizellen ab. Die Befruchtung, durch die Masse der abgegebenen Keimzellen begünstigt, findet dann im freien Wasser statt. Die befruchteten Eizellen entwickeln sich zu Planula-Larven, die einige Tage, längstens sechs Wochen frei im Wasser treiben und sich dann an geeigneten Standorten ansiedeln.​​​

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Steinkoralle beim Absetzen des Laichs © Emma Hickerson/ NOAA

Aus der bilateral symmetrischen Planula-Larve, die sich festgeheftet hat, entwickelt sich ein radiärsymmetrischer Polyp, der ein Skelett bildet, sich weiter teilt und so den Grundstock einer neuen Kolonie bildet.

An der Küste Australiens folgt dem Massenablaichen der Korallen eine Planktonblüte. Carnivore Zooplankter wie Krebstiere und Pfeilwürmer vermehren sich wegen des Überangebotes an Nahrung massenhaft und locken ihrerseits die planktonfressenden Walhaie an die Küste.

Eingeschlechtliche Fortpflanzung

Eine weitere Möglichkeit ist die Bildung von Planula-Larven durch Parthenogenese (Jungfernzeugung) im Gastralraum. Die Planula-Larven müssen, wie die Larven, die aus der sexuellen Fortpflanzung hervorgegangen sind, ein geeignetes Substrat zur Siedlung finden.

Asexuelle Vermehrung

Zerbricht eine Korallenkolonie z. B. durch Wellenschlag, so haben die Bruchstücke, wenn sie an einen günstigen Siedlungsplatz getrieben werden, die Fähigkeit, weiter zu wachsen und eine neue Kolonie zu bilden. Diese Form der Vermehrung kommt besonders bei ästig wachsenden Geweihkorallen der Gattung Acropora vor. Diese Arten sind meist sehr schnellwüchsig. Meerwasseraquarianer nutzen diese Möglichkeit, um Steinkorallen künstlich zu vermehren.

Weitere Möglichkeiten der ungeschlechtlichen Vermehrung sind die Polypenausbürgerung und die Produktion von Anthocauli. Bei der Polypenausbürgerung lösen sich einige Polypen ohne Skelett vom Korallenstock, lassen sich treiben, siedeln sich an einer günstigen Stelle wieder an und bilden eine neue Kolonie. Besonders bei der Gattung Pocillopora ist die Polypenausbürgerung häufig. Pilzkorallen (Fungiidae) bilden an ihrer Basis Anthocauli genannte kleine Tochterpolypen, die auch schon früh ein Skelett bilden und nach einiger Zeit vom Mutterpolypen abbrechen. Bei diesen Formen der asexuellen Vermehrung entstehen Klone der Mutterkolonie.

Zucht durch sexuelle Vermehrung

Die Korallenfortpflanzung ist ein derart komplizierter Prozess, dass es tatsächlich bisher nur wenigen Einrichtungen unter Laborbedingungen gelungen war.  Der Meeresbiologe Samuel Nietzer und sein Team von der Uni Oldenburg haben die Korallenfortpflanzung mit hohem technischen Aufwand in einem Aquarium erreicht, das alle biologischen Parameter exakt nachahmt, wie Temperatur und Salzgehalt des Wassers, die Tageslänge und vor allem den Mondzyklus.
"Alles wird computergesteuert, die Korallen brauchen ganz bestimmte Bedingungen. Die Steinkorallen haben wir aus Australien importiert und die haben sich bei uns so wohl gefühlt, dass es mit dem Massenablaichen geklappt hat, wie es sollte. Aus den rund 50.000 befruchteten Eiern sind Larven entstanden ", erklärt Nietzer.

Videos zum Thema:

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