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Die Familie der Lippfische 
(Labridae)

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Adulter Afrikanischer Clown-Junker (Coris gaimard)

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Meerpfau (Thalassoma pavo), wohl der farbenprächtigste Fisch des Mittelmeeres. Photo : Matthieu Sontag, Licence CC-BY-SA.

Die Lippfische (Labridae) sind eine Familie von Meeresfischen aus der Gruppe der Barschverwandten (Percomorphaceae). Lippfische sind oft außergewöhnlich farbenfroh und zeigen zudem eine große Vielfalt in Größe und Gestalt. Sie leben im flachen, küstennahen Wasser aller Weltmeere, vor allem in den tropischen Korallenriffen, aber auch, mit wenigen Arten, im Mittelmeer und in der Nordsee.

Die ersten Lippfische wurden schon 1758 vom Begründer der modernen Taxonomie, Carl von Linné, wissenschaftlich beschrieben, die Familie selbst wurde 1816 durch den französischen Naturforscher Georges Cuvier aufgestellt. Die Bezeichnung Lippfische kommt von den wulstartigen Lippen, die besonders die größer werdenden Arten auszeichnet (lat. labrum „Lippe“).

Mit mehr als 65 Gattungen und über 550 Arten sind sie nach den Grundeln (Gobiidae) die zweitgrößte Familie mariner Fische. Nach neueren Untersuchungen zählen auch die Papageifische und die Odaciden zur Familie der Lippfische, die damit über 600 Arten umfassen würde.

Merkmale

Lippfische haben eine schlanke, zylinderförmige oder auch hochrückige Gestalt. Kleine Arten sind meist schlank mit zigarrenförmigem, strömungsgünstigem Körper, größere Arten sind hochrückig. Viele Arten sind farbenprächtig, bei vielen Arten ist zudem ein starker Sexualdimorphismus hinsichtlich der Färbung vorhanden. Der Körper ist von oft großen Cycloidschuppen bedeckt, das Seitenlinienorgan kann gerade, gebogen durchgehend oder unterbrochen sein. Lippfische können ihre Augen unabhängig voneinander bewegen. Das Maul ist oft mit deutlichen „Lippen“ versehen und weit vorstreckbar (protraktil). Bei der Gattung Gomphosus ist es schnabelförmig ausgezogen. Die Zähne sind meist klein, einige Gattungen wie Anampses oder Macropharyngodon haben einige vergrößerte Zähne, die dem Zerbeißen hartschaliger Beute dienen oder dem Festhalten am Partner bei der Paarung. Im Schlund sind die unteren Schlundknochen Y-förmig verschmolzen und mit runden, stumpfen Zähnen besetzt. Die oberen Schlundknochen des zweiten bis vierten Kiemenbogens sind ebenfalls miteinander verwachsen und gelenkig mit der Schädelbasis verbunden. Zusammen mit den unteren Schlundknochen bilden sie eine sogenannte Schlundzahnmühle, die dem Zerquetschen der (oft harten) Nahrung dient. Die Rückenflosse ist ungeteilt und hat 8 bis 21, vorne recht schwache Hartstrahlen. Der hintere Teil ist stets kürzer als der vordere und wird von 6 bis 21 Weichstrahlen gestützt. Die Afterflosse hat 2 bis 6 Hartstrahlen und 7 bis 18 Weichstrahlen. Die Bauchflossen sitzen weit vorne kurz hinter den Brustflossen. Die meisten Lippfische werden 25 bis 80 Zentimeter lang und haben 23 bis 42 Wirbel.

Der größte Lippfisch ist der Napoleon-Lippfisch (Cheilinus undulatus), der eine Länge von 2,30 Metern und ein Gewicht von bis zu 191 Kilogramm erreichen kann; der kleinste ist mit einer Länge von sechs Zentimetern Minilabrus striatus aus dem Roten Meer. Lippfische schwimmen durch gleichzeitige Schläge der Brustflossen (labriform) und benutzen die Schwanzflosse, außer auf der Flucht, nur zur Steuerung.

Verbreitung

Lippfische leben weltweit in den Meeren der tropischen, subtropischen und gemäßigten Klimazonen, immer an Küsten und meist an Fels- und Korallenriffen. Keine Art lebt pelagisch im offenen Meer oder der Tiefsee. Den größten Artenreichtum weisen die Meeresgebiete um Australien auf, wo 42 Gattungen mit 165 Arten zu Hause sind.

Im Mittelmeer und im angrenzenden östlichen Atlantik leben 20 Arten, davon sechs Arten auch in Teilen der Nordsee. Der Gefleckte Lippfisch (Labrus bergylta), die Goldmaid (Symphodus melops) und der Klippenbarsch (Ctenolabrus rupestris) kommen auch an der deutschen Nordseeküste vor.

Lebensweise

Die kleinen und mittelgroßen Lippfischarten sind lebhafte Schwimmer, die immer in Bewegung sind. Die großen Arten sind eher ruhig und behäbig. Alle sind tagaktiv, werden erst spät nach Tagesanbruch munter und ziehen sich nachts in Felshöhlen zurück oder graben sich in den Boden ein. Große Arten legen sich offen auf den Boden. Zum Schlafen sondern sie aus dem Maul und den Kiemen eine Schleimhülle ab, die den Körper nach kurzer Zeit umhüllt. Der schlafsackähnliche Schutz verhindert, dass die wehrlosen Tiere von Räubern mit Hilfe des Geruchsinns aufgespürt werden.

Ernährung

Lippfische ernähren sich im Allgemeinen carnivor von allerlei wirbellosen Tieren, Fischlaich oder kleineren Fischen. Größere Lippfischarten knacken mit ihren kräftigen Zähnen hartschalige Wirbellose wie Krebse, Seeigel und Muscheln. Die Arten der Gattung Choris schlagen ihre Beute gegen Steine, um sie aufzubrechen. Andere Lippfische, nachgewiesen ist es für Choerodon anchorago, Halichoeres garnoti und Thalassoma hardwicke, suchen sich passende Steine und schwimmen dafür lange Strecken, nehmen sie ins Maul und schlagen damit hartschalige Beute auf, ein Fall von Werkzeuggebrauch bei Tieren. Weitere Lippfische, zum Beispiel Vertreter der Gattungen Anampses und Stethojulis, durchsieben den Sand nach Würmern, kleinen Weich- und Krebstieren. Viele Lippfische begleiten auch die räuberischen Stachelmakrelen, Rochen oder die ständig den Sand durchkauenden Meerbarben, um flüchtende und aufgewirbelte kleine Tiere zu erbeuten. Zwerglippfische wie Cirrhilabrus und Paracheilinus jagen im Freiwasser zusammen mit Fahnenbarschen und Riffbarschen der Unterfamilie Chrominae nach Zooplankton. Pseudocheilinus-Arten jagen kleine Tiere auf dem Meeresgrund oder in Spalten zwischen Felsen und Korallen. Diese Tiere können ihre Augen unabhängig voneinander bewegen und haben geteilte Pupillen, so dass sie wahrscheinlich schon mit einem Auge dreidimensional sehen können.

Bekannt ist, dass sich Lippfische als Putzer betätigen, die von der Haut und den Kiemen größerer Fische Parasiten, hauptsächlich Copepoden und Isopoden, entfernen. Diese Ernährungsweise wurde bei insgesamt 49 Lippfischspezies festgestellt, von denen acht, alles Mitglieder der Tribus der Putzerlippfische (Labrichthyini), sich ausschließlich auf diese Weise ernähren, während 41 weitere Arten, unter anderem die der Gattung Bodianus, nur als Jungfische Parasiten beseitigen. Auch bei den Putzerlippfischen putzen die Gattungen Labropsis und Larabicus nur als Jungtiere und ernähren sich später von Korallenpolypen.

Papageifische weiden Fadenalgen von Korallenstöcken ab und schädigen die Korallen dabei oft erheblich. Die spezialisierten Lippfische der Tribus Odacini fressen die Algen ihrer gemäßigten Heimatgewässer um Australien und Neuseeland.

Geschlechtswandel

Fast alle Lippfische wechseln im Laufe ihres Lebens das Geschlecht. In der frühen Juvenilphase sind sie noch nicht geschlechtsreif und unterscheiden sich in Farbe, oft auch in der schlankeren Körperform von den erwachsenen Tieren. Bei Erreichen der Geschlechtsreife kommen die Fische in die Initialphase. Die meisten Lippfische sind dann zunächst weiblich. Bei einigen Arten wird ein kleiner Teil zu Primärmännchen, die männliche Gonaden haben, aber äußerlich wie Weibchen aussehen. So werden sie von ausgewachsenen, revierbildenden Männchen nicht aus ihrem Territorium verjagt und können sich auch beim gruppenweisen Ablaichen dazwischen drängen und einige Eier befruchten. Mit der Zeit verändern die Individuen der Initialphase ihre Farbe und nehmen die Färbung der Terminalphase an. Dabei wechseln die Weibchen das Geschlecht und werden zu Sekundärmännchen. Sekundärmännchen unterscheiden sich meist durch Körpergröße, Farbenpracht und ausgezogenen Flossenfilamenten von Weibchen und Primärmännchen. Geschlechtsreif leben Lippfische je nach Art einzeln, in kleinen umherstreifenden Gruppen, in denen die Weibchen immer die Mehrzahl stellen, oder, wie die Putzerlippfische und die Zwerglippfische, in festen Revieren. Zwerg- und Putzerlippfische sowie viele andere Arten leben in Haremsverbänden mit einem dominanten Sekundärmännchen und mehreren, meist zwei bis acht Weibchen.

Fortpflanzung

Alle indopazifischen und viele atlantische Lippfische sind Freilaicher, die keine Brutpflege betreiben und die Keimzellen in das freie Wasser abgeben. Viele im Harem lebende Arten laichen jeden Tag in der Abenddämmerung, andere nur bei ablaufender Springflut, damit die befruchteten Eizellen in den offenen Ozean gespült werden. Nach einer Balz steigen die Lippfischmännchen dazu mit einem oder mehreren Weibchen auf, stoßen auf dem Gipfel ihrer Schwimmstrecke die Keimzellen aus und verschwinden gleich wieder in ihrem Revier. Bei diesem Vorgang verbergen sich auch Primärmännchen unter den laichwilligen Tieren. Sie werden vom Revierbesitzer wegen ihres weibchenartigen Äußeren nicht als Konkurrenten erkannt und erhalten so die Chance, auch einige Eier zu befruchten. Sekundärmännchen sind meist recht kurzlebig, verbrauchen sich durch das Laichgeschäft und werden eher von Raubfischen erbeutet, da sie durch ihre prächtigen Farben auffallen oder durch die Balz abgelenkt sind. Stirbt das Sekundärmännchen einer Gruppe, so wandelt sich das stärkste Weibchen innerhalb weniger Tage in ein Männchen um. Ihre Gonaden werden zu männlichen, ihre Farbe ändert sich und die Flossen wachsen. Schon nach kurzer Zeit laicht sie mit den Weibchen der Haremsgruppe.

Eine völlig andere Fortpflanzungsstrategie verfolgen einige Lippfischarten der im Mittelmeer und im Nordatlantik lebenden Unterfamilie Labrinae. Sie sind brutpflegend und legen ihre Eier in Mulden in den Bodengrund oder, ähnlich wie Stichlinge, in Nester aus Algen und anderen Pflanzenteilen. Die Eier werden vom Männchen bis zum Schlupf der Jungen bewacht.

Geschlüpfte Lippfischlarven sind nur wenige Millimeter groß und leben zunächst pelagisch im offenen Wasser. Die Dauer der pelagischen Phase ist sehr variabel und reicht von 15 Tagen bei Diproctacanthus xanthurus bis zu mehr als 120 Tagen bei Thalassoma ballieui. Erst nach der Metamorphose zum juvenilen Fisch suchen sie Seegraswiesen, Algenbiotope, Fels- und Korallenriffe auf.

Systematik und Stammesgeschichte

Die Lippfische wurden mit den als Aquarienfische bekannten Buntbarschen (Cichlidae), den Riffbarschen (Pomacentridae) und den ausschließlich nordpazifischen Brandungsbarschen (Embiotocidae) in die Unterordnung der Lippfischartigen (Labroidei) innerhalb der Ordnung der Barschartigen (Perciformes) gestellt. Grund für die angenommene Verwandtschaft ist der kompliziert gebaute Kiefer- und Schlundkieferapparat, der vielseitige Anpassungen an unterschiedliche Ernährungsweisen ermöglichte. DNA-Sequenzanalysen und Vergleiche lassen aber keine Verwandtschaft zwischen Lippfischen, Papageifischen und Odaciden auf der einen und Buntbarschen, Brandungsbarschen und Riffbarschen auf der anderen Seite erkennen. Die ähnliche Schädelanatomie muss unabhängig voneinander mehrmals entstanden sein.

Die Lippfische stehen basal zu einer großen Klade, zu der die Barschartigen, die Armflosser und die Kugelfischverwandten gehören. In der aktuellen Revision der Knochenfischsystematik durch Betancur-R. und Kollegen werden sie deshalb in eine eigenständige Ordnung, die Labriformes, gestellt. Die Schwestergruppe der Lippfische ist wahrscheinlich die Gattung Centrogenys, die zahlreiche für die Lippfische typische Modifikationen des Kieferapparats aufweist. Schwestergruppe der Klade aus Lippfischen und Centrogenys sind die Himmelsguckerartigen (Uranoscopiformes).

Die innere Systematik der Lippfische ist noch unsicher und umstritten. Es wurden eine Reihe von Unterfamilien und Triben aufgestellt, die aber keine allgemeine Anerkennung gefunden haben.

Mit Eolabroides und dem Schweinslippfisch Phyllopharyngodon aus der Monte-Bolca-Formation lassen sich Lippfische fossil seit dem mittleren Eozän nachweisen. Der Ursprung der Familie liegt, ermittelt mit der Technik der molekularen Uhr, in der oberen Kreidezeit vor 78 bis 66 Millionen Jahren. Pseudovomer lebte vom Miozän bis zum Pliozän. Die heute noch existenten Gattungen angehörenden Labrus agassizi und Symphodus salvus stammen aus dem Miozän aus Österreich beziehungsweise Moldawien.

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Fossil von Eolabroides szajnochae

Lippfische und Menschen

In einigen Ländern werden Lippfische auch fischereiwirtschaftlich genutzt und geangelt, größere Bedeutung hat aber nur die Fischerei auf die Arten der Gattungen Tautoga und Tautogolabrus an der nordamerikanischen Atlantikküste.
Kleinere Arten kommen als Zierfische für das Meerwasseraquarium in den Fachhandel. Oft werden aber auch sehr bunte, juvenile Exemplare größerer Arten angeboten, die schnell zu groß für private Halter werden. Viele Arten sind extrem transportempfindlich. In zu kleinen und eintönig eingerichteten Aquarien entwickeln Lippfische schnell stereotypische Verhaltensweisen und schwimmen zum Beispiel ständig an der Frontscheibe auf und ab. Die Verhaltensforscherin Ellen Thaler empfiehlt die paarweise Haltung in reichlich strukturierten und mit vielen Höhlen und Durchschlüpfen versehenen Aquarien. Für kleine Arten der Gattungen Cirrhilabrus, Paracheilinus und Pseudocheilinus empfiehlt sie Mindestbeckengrößen von 300 bis 500 Litern, für größere Arten einen Beckeninhalt von über 1000 Litern. Der am meisten in Aquarien gehaltene Lippfisch ist der nur sieben Zentimeter lang werdende Sechsstreifen-Lippfisch (Pseudocheilinus hexataenia). Fast alle in Aquarien gehaltenen Lippfische sind Wildfänge. Kleinere Arten laichen mitunter in Gefangenschaft ab, nur wenige Arten, z. B. Parajulis poecilepterus und Halichoeres melanurus, wurde bisher in Gefangenschaft nachgezüchtet.

Lippfische sind normalerweise sehr robust und friedlich, einige Arten sind jedoch in Gefangenschaft äußerst schwierig zu halten, wie zum Beispiel Vertreter der Gattungen Labroides.
Grundsätzlich ist die Pflege von Lippfischen aber ein sehr interessanter Bereich der Meeresaquaristik. Man muss nur beachten, dass sie viel Schwimmraum brauchen. Manche Arten sollten zudem nicht alleine gehalten werden, sondern als Paar oder gar in einer Gruppe. Einige Lippfische leben ihr ganzes Leben in sozialen Verbänden oder als Paar, andere sind es nur als Jungtiere und werden als Erwachsene aggressiv. Männchen sind territorial und werden ihre Weibchen energisch vor benachbarten Männchen schützen. Sie sind tagsüber aktiv und ernähren sich von einer Vielzahl kleiner Tiere, Detritus und Algen. Einige Arten, sogenannte Putzerlippfische, ernähren sich von den Parasiten, die sie von der Oberfläche, in Kiemen und auch im Maul größerer Fische fressen. Alle Lippfische sind tagaktiv und verstecken sich nachts, indem sie sich entweder im Sand vergraben oder in Spalten verklemmen. Viele der in Aquarien gepflegten Lippfische graben sich zum Schlaf in den Boden ein, daher ist auch im Aquarium auf ausreichend große Sandflächen zu achten, falls sandschlafende Arten gehalten werden.
Viele Neuimporte brauchen ein paar Tage, um sich an die Aquarienbedingungen, wie Beleuchtungszeiten und andere Parameter zu gewöhnen. Lippfische sind transportempfindlich, aber in der Regel leicht ans Futter zu bekommen und einmal eingewöhnt sind die schwimmfreudigen und farbenfrohen Fische eine Bereicherung für das Meerwasseraquarium.

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Lippfische im Portrait

Viele Vertreter der Lippfische sind beliebte Aquarienfische. Im folgenden Abschnitt stellen wir einige Arten, die wir selbst schon gepflegt haben in Artenportraits genauer vor. Daneben stellen wir auch noch einige interessante Arten vor, die nicht für die Haltung im Aquarium geeignet sind.

Schweinslippfische
Bodianinae / Hypsigenyinae

Die Schweinslippfische (Hypsigenyinae oder Bodianinae) sind eine Unterfamilie der Lippfische (Labridae). Sie werden von einigen Autoren nur als Tribus (dann Hypseginyini) angesehen. Wegen ihres eindrucksvollen, oft mit vorstehenden Zähnen versehenen Gebisses werden die großschuppigen und großmäuligen Fische auch Zahnlippfische genannt.

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Anker-Zahnlippfisch (Choerodon anchorago)

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Adulter Schwarzkeil-Schweinslippfisch (Bodianus mesothorax)

Merkmale:
Unter den Schweinslippfischen gibt es kleine Formen die nur eine Standardlänge von 5 Zentimeter erreichen, aber auch große Arten mit Längen von mehr als 80 Zentimeter. Kopf, Rumpf und Schwanzstiel können schlank oder relativ hoch sein. Ein hoher Körper findet sich besonders bei größer werdenden Arten. Der Körper ist in der Regel seitlich leicht abgeflacht. Das Kopfprofil ist zugespitzt oder abgerundet, gerade, gebogen oder weist einen Knick auf. Oft ändert es sich mit dem Wachstum und ausgewachsene, ältere Männchen entwickeln bei einigen Arten einen Stirnbuckel. Die Schuppen sind cycloid und bei vielen Arten relativ groß. In vielen Fällen reichen sie nicht bis zur Basis von Rücken- und Afterflosse.

Die Schweinslippfische unterscheiden sich von den anderen Gruppen der Lippfischartigen durch ihre einzigartige Methode des Ersatzes der Schlundkieferzähne. Bei allen anderen Lippfischartigen wachsen die Zähne einzeln in ihren Zahnfächern und kommen einzeln an die Oberfläche der Pharyngealia. Dies gilt als die ursprüngliche Merkmalsausprägung der Lippfischartigen. Bei den Schweinslippfischen wachsen die Zähne stapelweise untereinander und kommen nacheinander an die Oberfläche der Pharyngealia. Dies gilt als Synapomorphie des Taxons und ist eine Anpassung an eine Ernährung bei der benthische, hartschalige Wirbellose, wie Krebse, Muscheln, Schnecken und Seeigel den Hauptbestandteil der Nahrung bilden (Durophagie).

Verbreitung und Lebensweise:
Schweinslippfische kommen in allen tropischen Meeren vor, vom Flachwasser bis in Tiefen von 330 Metern. Einige Arten leben auch in gemäßigt temperierten Meeresregionen. Brackwasser vertragen die Fische nicht. Die meisten Arten der Zahnlippfische leben als ausgewachsene Tiere als Einzelgänger und werden nur selten in größeren Gruppen oder Schwärmen gesehen. Wie andere Lippfischarten leben sie in der Regel in der Nähe des Gewässerbodens, in Fels- und Korallenriffen oder halten sich in Regionen mit sandigen Böden in der Nähe von Geröll auf. Alle Arten sind tagaktiv und verstecken sich in der Nacht zwischen Felsen, Steinen oder Korallen. Im Unterschied zu anderen Lippfischen bildet aber keine Art zum Schlafen eine schlafsackähnliche Schleimhülle oder vergräbt sich dazu in den Sand.

Schweinslippfische suchen ihre Nahrung vor allem auf dem Boden oder auf den Festkörpern der Riffe und ernähren sich vor allem von hartschaligen Wirbellosen, in geringerem Maße von weichen Wirbellosen oder von kleinen Fischen. In den Verdauungstrakten finden sich aufgrund dieser Ernährung fast immer kalkhaltige Überreste. Eine andere Ernährungsweise hat der schwarmbildende Kreolen-Lippfisch (Clepticus parrae), der sich vor allem von planktonischen Organismen wie Ruderfußkrebsen, Staatsquallen, Flügelschnecken und planktonischen Larven ernährt. Jungfische der Neuweltarten Bodianus rufus und B. diplotaenia betätigen sich als Putzerfische. Im Indopazifik, wo die Putzerfischrolle vor allem durch die Putzerlippfische (Labrichthyini) wahrgenommen wird, betätigen sich nur junge B. axilaris als Putzerfische.

Fortpflanzung:
Die Verhaltens- und Fortpflanzungsbiologie der meisten Schweinslippfischarten ist bisher nicht erforscht worden. Wahrscheinlich sind die meisten oder fast alle Arten proterogyne Hermaphroditen, das heißt, bei Erreichen der Geschlechtsreife sind sie zunächst Weibchen und wandeln sich nach einiger Zeit zu Männchen um. Nur bei Bodianus eclancheri wurde bisher festgestellt, dass bei Erreichen der Geschlechtsreife gleich das weibliche und männliche Geschlecht ausgebildet wird.

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Mexikanischer Schweinslippfisch (B. diplotaenia), ♀ (primäre Adultphase)

Mexikanischer Schweinslippfisch,
♂ (sekundäre Adultphase)

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Juveniler Schwarzkeil-Schweinslippfisch

(Bodianus mesothorax)

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Zahnlippfisch (Decodon puellaris)

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Juveniler Eber-Lippfisch
(Lachnolaimus maximus)

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Kalifornischer Zahnlippfisch, Schafkopf
(Semicossyphus pulcher)

Harlekin-Lippfisch
Choerodon fasciatus

Der Harlekin-Lippfisch gehört zu den Schweinslippfischen und lebt im tropischen westlichen Pazifik in zwei getrennten Populationen. Die nördliche kommt um die Ryūkyū-Inseln und Taiwan, die südliche vom Great Barrier Reef an der Küste von Queensland bis nach Neukaledonien und Vanuatu vor. Er bewohnt vor allem Außenriffe in Tiefen von 5 bis 35 Metern.

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Choerodon fasciatus (c) Mark Stiebel

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Choerodon fasciatus (c) Sylvain Le Bris

Merkmale:
Der Harlekin-Lippfisch hat einen massigen, hoch gebauten Körper. Er kann 40 Zentimeter lang werden. Der Kopf ist bullig, das Maul hat ein Fanggebiss, mit vier großen, vorstehenden Zähnen im Unterkiefer und zwei im Oberkiefer, die in Lücken der Unterkieferzähne greifen. Der Körper wird alternierend von sieben bis acht orangefarbenen und weißen, bläulichen oder schwärzlichen Querbändern gemustert. Die lange Rückenflosse des Harlekin-Lippfischs wird von 12 Hartstrahlen und 8 Weichstrahlen gestützt, die Afterflosse hat 3 Hart- und 10 Weichstrahlen. Die Brustflossen haben zwei geteilte und 14 ungeteilte Flossenstrahlen. Jungfische haben am Vorder- und Hinterende der Rückenflosse und auf der Afterflosse je einen Augenfleck, der mit zunehmendem Alter verschwindet. Sonst ähneln sie schon den Erwachsenen. Auch ein Geschlechtsdimorphismus besteht im Unterschied zu den Bodianus-Arten nicht.

Lebensweise:
Der Harlekin-Lippfisch ist territorial und hat große Reviere. Er ist ein Einzelgänger und frisst vor allem hartschalige wirbellose Tiere, wie Weichtiere, Krebstiere und Stachelhäuter, aber auch Würmer. Bei der Nahrungssuche hebt er mit seinem kräftigen Gebiss oft Steine an, um darunter befindliche Beutetiere zu ergreifen.

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Choerodon fasciatus (c) Mark Rosenstein

Choerodon fasciatus (c) Pauline Walsh Jacobson

Choerodon fasciatus (c) Pauline Walsh Jacobson

Napoleon-Lippfisch
Cheilinus undulatus

Der Napoleon-Lippfisch lebt in den Korallenriffen des Roten Meeres und des tropischen Indopazifik von Süd- und Ostafrika bis zum Tuamotu-Archipel, nördlich bis zu den Ryūkyū-Inseln in Tiefen bis zu 100 Metern.

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Napoleon-Lippfisch (Cheilinus undulatus)

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Cheilinus undulatus (c) David Roche

Merkmale:
Mit einer Maximallänge von 2,30 Metern ist der Napoleon-Lippfisch mit großem Abstand die größte Art der Lippfische und zusammen mit einigen Zackenbarscharten einer der größten Korallenfische. Das Maximalgewicht liegt bei 191 kg. Für gewöhnlich bleibt er allerdings bei einer Länge von 60 Zentimeter, geschlechtsreif wird er bei 35 Zentimeter Länge. Jüngere Napoleon-Lippfische weisen je nach Alter eine umfangreiche Zeichnung auf, die mit dem Alter verblasst. Ausgewachsene Napoleon-Lippfische haben dicke, aufgeworfene Lippen und einen auffälligen Kopfbuckel. Sie sind grünlich, grau oder bläulich gefärbt.

Lebensweise:
Der Napoleon-Lippfisch ist ein tendenzieller Einzelgänger, tagaktiv und ortsgebunden. Er schläft nachts zwischen den Korallen. Er ernährt sich von Fischen, Mollusken und Krustentieren. Er ist einer der wenigen Raubfische, die giftige Arten verzehren können. Der Mensch kann sich ihm leicht nähern.

Der Napoleon-Lippfisch kann über 30 Jahre alt werden, wobei Weibchen älter werden als Männchen. Die Geschlechtsreife erreichen die Fische mit 6 Jahren.

Verbreitung:
Der Napoleon-Lippfisch tritt in den Riffgewässern von 11 indopazifischen Ländern auf, wie in den Philippinen, Indonesien, Malaysia, Singapur, Hongkong, China, Palau, Papua-Neuguinea.

Gefährdung:
In der roten Liste der IUCN wird die Gesamtpopulation als endangered (stark gefährdet) bezeichnet In mittelfristiger Zukunft besteht die Gefahr der Ausrottung dieses Fisches, sollten nicht wirksame Maßnahmen gegen die Überfischung ergriffen werden. Für 1 kg dieses Fisches werden je nach Qualität 90 bis 175 US-Dollar bezahlt. Große Tiere dieser Art wiegen bis zu 200 kg.

Der hohe Preis und die sehr große Nachfrage sind nicht mehr in Einklang mit einer nachhaltigen Nutzung zu bringen. Eine Reihe Länder erließen Bestimmungen zum Schutz des Napoleon-Lippfischs. Deren Wirksamkeit ist unklar, denn illegaler Handel ist erkennbar.

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Verbreitungsgebiet des Napoleon-Lippfischs

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Cheilinus undulatus (c) Luis P. B.

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Cheilinus undulatus (c) Luis P. B.

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Cheilinus undulatus (c) Ahmed Fouad

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Cheilinus undulatus (c) Michael Long

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Cheilinus undulatus (c) museldiver

Kanarien-Lippfisch
Halichoeres chrysus

Der Kanarien-Lippfisch, auch Gold-Lippfisch, Gelber Lippfisch oder Zitronen-Junker genannt, ist eine Fischart aus der Familie der Lippfische, die im zentralen Indopazifik heimisch ist.

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Halichoeres chrysus (c) Pierre-Louis Stenger

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Halichoeres chrysus (c) Kelly-Anne Masterman

Beschreibung:
Der Kanarien-Lippfisch ist ein kleiner Fisch, der maximal 12 cm lang werden kann. Er hat einen schlanken, länglichen Körper mit einem endständigen Maul. Die Körperfärbung ist leuchtend gelb und variiert je nach Alter. Junge und unreife Weibchen haben zwei schwarze, weiß oder hellgelb umrandete Flecken auf der Rückenflosse (den ersten am Flossenansatz (Kopfseite) und den zweiten in der Mitte) sowie einen dritten zwischen Schwanzstiel und Schwanzflossenansatz. Reife Weibchen oder junge Männchen zeigen nur die beiden schwarzen Flecken auf der Rückenflosse. Reife Männchen haben nur den ersten schwarzen Fleck auf der Vorderseite der Rückenflosse, einen helleren Fleck direkt hinter dem Auge und unregelmäßige grünliche bis rosafarbene Linien im Gesicht.

Verbreitung und Lebensraum:
Der Kanarienlippfisch ist in den tropischen und subtropischen Gewässern des zentralen Indopazifik weit verbreitet, in einem Gebiet, das an die Weihnachtsinseln und Indonesien, Japan, New South Wales und die Rowley Shoals sowie die Tonga- und Salomoneninseln grenzt. Dieser Lippfisch kommt an äußeren Riffhängen, in Schutt- und Sandgebieten von der Oberfläche bis in eine Tiefe von 30 Metern vor.
 

Biologie:
Der Kanarienlippfisch lebt in kleinen Gruppen. Er ist ein benthischer Räuber, der sich hauptsächlich von kleinen wirbellosen Meerestieren wie Krebstieren, Weichtieren, Würmern und Stachelhäutern ernährt, die er auf oder im Substrat erbeutet.

Wie die meisten Lippfische ist auch der Kanarienlippfisch ein protogyner Hermaphrodit, d. h. die Individuen beginnen ihr Leben als Weibchen und haben die Fähigkeit, sich später zu Männchen zu entwickeln.

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Halichoeres chrysus (c) Mark Rosenstein

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Halichoeres chrysus (c) Tsu Soo Tan

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Halichoeres chrysus (c) uwkwaj

Putzerlippfische
Labrichthyini

Die Putzerlippfische (Labrichthyini) sind eine Tribus in der Familie der Lippfische (Labridae), die fünf Gattungen und 14 Arten umfasst. Charakteristisch für die Tiere ist das Eingehen einer sogenannten Putzsymbiose – was auch bei anderen Lippfischen beobachtet werden konnte. Putzerlippfische leben ausschließlich im tropischen Indopazifik. In der Karibik wird ihre ökologische Nische von Putzergrundeln (Elacatinus) eingenommen.

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Gewöhnlicher Putzerfisch (Labroides dimidiatus)

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Labroides dimidiatus putzt einen Falterfisch (c) Richard Ling

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Putzerlippfische säubern einen Bäumchen-Lippfisch

Gewöhnlicher Putzerlippfisch Labroides dimidiatus (c) Wayne and Pam Osborn.jpg

Putzerlippfisch (Labroides dimidiatus) bei der Arbeit
(c) Wayne and Pam Osborn

Merkmale:

Putzerlippfische unterhalten Putzerstationen, wo ein Männchen mit einem Harem von drei bis sechs Weibchen lebt. Hierher kommen andere Fische, um sich von den Putzerfischen von Parasiten und abgestorbener Haut säubern zu lassen. Die Zeichnung der Putzerfische mit dem auffallenden Längsstreifen ist für andere Fische ein Erkennungsmerkmal.
Selbst Raubfische verhalten sich an den Putzerstationen völlig friedlich, warten, bis sie an der Reihe sind und lassen die Lippfische auch ins Maul und in die Kiemenhöhle schwimmen, damit diese sie dort säubern. Durch leichte Bewegungen signalisieren die „Kunden“, dass sie genug haben und die Putzerfische die Körperhöhlen verlassen müssen.

Während der Gemeine Putzerfisch (Labroides dimidiatus) und seine Gattungsgenossen diese Ernährungsweise ein Leben lang beibehalten, putzen die Arten der Gattungen Labropsis und Larabicus nur als Jungtiere und ernähren sich später von Korallenpolypen. Der Nomaden-Putzerlippfisch (Diproctacanthus xanthurus) hat keine feste Putzerstation, sondern zieht umher und säubert Riffbarsche (Pomacentridae), die keine Möglichkeit haben, zu den Putzerstationen zu kommen, da sie in kleinen Revieren von wenigen Quadratmetern leben und diese wegen der Territorialansprüche der Nachbarn nicht verlassen können.

Untersuchung von Putzerlippfischen konnten zeigen, dass diese pro Tag über 2000 Fische „bedienen“ können und dabei knapp fünf Parasiten pro Minute entfernen. Außerdem können sich die Tiere an vergangene Interaktionen mit ihren „Kunden“ erinnern und bis zu 1000 Individuen unterscheiden. Putzerlippfische unterscheiden zwischen Stamm-, Neu- und Laufkundschaft und behandeln diese teilweise opportunistisch. Das bedeutet, dass sie ihr Verhalten an den Andrang und die Aussicht einer dauerhaften Symbiose anpassen. Auch der Konkurrenzdruck durch andere Putzerstationen wird dabei berücksichtigt. Bei Laufkundschaften passiert es eher, dass sich die Tiere auch an der kalorienreichen (Schleim-)Haut bedienen und so ihrem Kunden schaden.

In ihren Revieren schwimmen die Putzerfische ihre Kunden in wellenförmigen Bewegungen an. Anders verhalten sich diese, wenn sie in ein fremdes Riff umgesetzt werden. Dann schwimmen sie ihre Kunden von oben an und stimulieren sie mit ihren Brust- und Bauchflossen taktil. Eben jenes Verhalten zeigen sie auch, wenn sie einen Kunden zum Bleiben überreden möchten. Somit sind die Tiere in der Lage, andere Fische aktiv zu beeinflussen.

In einer Veröffentlichung von 2019 konnte nachgewiesen werden, dass Putzerlippfische der Art Labroides dimidiatus den sogenannten Spiegeltest bestehen, sich also selbst im Spiegel erkennen können. Dies zeugt von einer hohen kognitiven Leistung der Tiere.

Phylogenetisch gehören die Putzerlippfische zu den Junkerlippfischen (Julidinae). Die Gattung Labrichthys ist die Schwestergruppe aller übrigen Labrichthyini. Diproctacanthus ist die Schwesterart von Labropsis, Larabicus und der Gattung Labroides.

Die 14 Arten der Puterlippfische:

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Nomaden-Putzerlippfisch (Diproctacanthus xanthurus) (c) Francois Libert

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Labrichthys unilineatus (c) Francois Libert

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Zweifarben-Putzerlippfisch (Labroides bicolor)
(c) Francois Libert 

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Gewöhnlicher Putzerlippfisch (Labroides dimidiatus) (c) Francois Libert

Brustfleck-Putzerlippfisch (Labroides pectoralis)

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Hawaii-Putzerlippfisch (Labroides phthirophagus) (c) Philip Thomas 

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Rotlippen-Putzerlippfisch (Labroides rubrolabiatus) (c) Francois Libert 

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Allens Putzerlippfisch (Labropsis alleni
(c) Francois Libert 

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Südlicher Putzerlippfisch (Labropsis australis)

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Nördlicher Putzerlippfisch (Labropsis manabei)

(c) Francois Libert 

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Mikronesien-Putzerlippfisch (Labropsis micronesica) (c) uwkwaj 

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Polynesien-Putzerlippfisch (Labropsis polynesica) (c) Francois Libert

Keilschwanz-Putzerlippfisch (Labropsis xanthonota) (c) uwkwaj 

Arabischer Putzerlippfisch (Larabicus quadrilineatus) (c) Julien Renoult

Arabischer Putzerlippfisch (Larabicus quadrilineatus) (c) Frank Krasovec

Ökologie
Es konnte nachgewiesen werden, dass die Entnahme aller Putzerfische aus Riffen unterschiedlicher Größe über mehrere Jahre, einen Rückgang der Riffbarsche (37 %) und Doktorfische (66 %) gegenüber Vergleichsriffen zur Folge hat. Dies zeigt die große Bedeutung einzelner Arten auf ein Ökosystem.

Nachahmung
Der Falsche Putzerfisch (Aspidontus taeniatus) gehört zu den Säbelzahnschleimfischen. Er imitiert den Gewöhnlichen Putzerfisch (Labroides dimidiatus) in Gestalt, Färbung und Schwimmweise. Nähert sich ihm aber ein Fisch, um geputzt zu werden, beißt er diesem stattdessen Flossen- und Hautstücke ab.

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Falsche Putzerfische (Aspidontus taeniatus
(c) Richard Ling

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Aspidontus taeniatus ist kein Putzerlippfisch, sondern ein Säbelzahnschleimfisch (c) Francois Libert 

Sechsstreifen-Lippfisch
Pseudocheilinus hexataenia

Der Sechsstreifen-Lippfisch lebt weit verbreitet im Indopazifik, an Außenriffen, sehr versteckt zwischen Steinkorallen. Die bis zu 6 cm großen Tiere leben einzeln, in Paaren oder in Haremsgruppen mit einem Männchen und mehreren Weibchen. Sechsstreifen-Lippfische fressen kleine Wirbellose, die sie in kleinen Ritzen und Höhlen aufspüren.

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Pseudocheilinus hexataenia (c) Ivan Samra

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Pseudocheilinus hexataenia (c) Frank Krasovec

Aquarienhaltung:
Der Sechsstreifenlippfisch ist ein beliebter Pflegling für Meerwasseraquarien. Aufgrund seiner Größe lässt er sich auch gut in kleinen Becken halten. Einzelne Exemplare können sich gegenüber anderen Aquarienbewohnern aggressiv verhalten. Beobachtungen haben aber gezeigt, dass dieses Verhalten eingestellt oder reduziert wird, wenn der Fisch als Pärchen oder Gruppe gehalten wird. Das Aquarium sollte abgedeckt sein oder wenigstens einen Glassteg am Rand besitzen, da die etwas lebhafteren Tiere dazu neigen aus dem Becken zu springen.

Der Sechsstreifenlippfisch nimmt problemlos Trockenfutter an, ergänzt seine Nahrung allerdings auch durch kleine Wirbellose, die mit dem Lebendgestein in das Aquarium gelangen.

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Pseudocheilinus hexataenia (c) mattdowse

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Pseudocheilinus hexataenia (c) Francois Libert

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Pseudocheilinus hexataenia (c) belen_caro

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Mediterrane Lippfisch-Arten

Im Mittelmeer und im angrenzenden östlichen Atlantik leben 20 Arten von Lippfischen, davon sechs Arten auch in Teilen der Nordsee. Einige dieser "heimischen" Lippfischestellen wir im folgenden Abschnitt vor.

Meerjunker
Coris julis

Der Meerjunker ist eine Lippfischart, die im gesamten Mittelmeer sowie im Ostatlantik und dem Schwarzen Meer vorkommt. Die Fische sind zum Teil protogyne Hermaphroditen.

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Meerjunker (Coris julis) ♂ (c) Sylvain Le Bris

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Meerjunker (Coris julis) ♀ (c) tim h

Der Meerjunker hat eine längliche Form und ist weniger hochrückig als viele Vertreter der Labridae. Er hat einen endständigen Mund und wird bis zu 25 cm lang. Die Seitenlinie ist mit mindestens 70 Schuppen besetzt. Alle jungen Meerjunker sind entweder Weibchen oder „primäre“ Männchen. Später entwickeln sich aus den meisten Weibchen „sekundäre“ Männchen. Da Meerjunker deswegen zwei sehr unterschiedliche Färbungen aufweisen können, wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angenommen, es gäbe zwei Coris-Arten.
 

Verbreitung und Lebensraum:

Die Verbreitung des Meerjunkers reicht vom südlichen Schwarzen Meer über das gesamte Mittelmeer bis hin zum östlichen Atlantik. Dort kommt er von der Atlantikküste vor Schweden über die Biskaya bis zur zentralafrikanischen Küste vor Gabun vor. Weiter finden sich Populationen bei den Azoren, vor den Kanarischen Inseln und der Insel Madeira. Meerjunker leben häufig in Sympatrie mit der Schwesterart Coris atlantica. Ihr Lebensraum liegt in Küstennähe und ist vorzugsweise mit Algen bewachsenes Felslitoral oder Seegraswiesen. Letztere dienen vorwiegend der Aufzucht und bieten den juvenilen Meerjunkern Schutz. Die Tiere halten sich meist in flacherem Wasser bis zu 60 Metern Tiefe auf, im Winter tendenziell eher tiefer. Auch ältere Männchen bevorzugen tieferes Gewässer. Sie kommen jedoch bis zu einer Tiefe von 120 Metern vor.
 

Geschlechtsumwandlung:

Die natürliche Geschlechterverteilung liegt während der Fortpflanzungssaison, also Mitte Juli bis September, bei ungefähr 68 % Weibchen, 25 % primäre Männchen und 7 % sekundäre Männchen. Der hohe Anteil an Weibchen gewährleistet eine hohe Eiproduktion. Alle Weibchen sind kleiner 18 cm. Am Ende der Fortpflanzungssaison, etwa Mitte September bis Ende Oktober, findet die Geschlechtsumwandlung von Weibchen zu sekundären Männchen statt. Äußerlich wird zunächst allmählich eine noch blasse rot-blau-weiße Färbung auf der Rückenflosse sichtbar. Dann verfärben sich die braunen Flanken an der Stelle orange, wo später das charakteristische Zick-Zack-Band liegen wird. Die ersten drei Strahlen der Rückenflosse werden länger, der Lateralfleck wird langsam erkenntlich und der Kopf wird grünlicher. Schließlich nimmt der Lateralfleck eine dunkelblaue, das gezackte Band eine kräftig orange und der Bauch eine grün-weißliche Farbe an. Anatomisch beschränkt sich die Umwandlung auf die Veränderung der Gonaden. 

Im Allgemeinen liegen die Gründe für einen nacheinander folgenden (asynchronen) Hermaphroditismus in der Tatsache, dass manche Habitate jahreszeitlich nicht stabil sind und die Populationen in bestimmten Phasen im Jahr zurückgehen. In dem Falle, dass nur zwei Individuen einer Art überleben, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um ein Männchen und ein Weibchen handelt, bei 50 %. Angenommen, es wären beide Individuen gleichen Geschlechts, könnte beim asynchronen Hermaphroditismus eine künftige Fortpflanzung dennoch gesichert werden.
Mit einem Jahr ist der Meerjunker geschlechtsreif. Zur Paarung nimmt zunächst das Weibchen eine Balzstellung ein, woraufhin ein Umkreisen vom sekundären Männchen folgt. Anschließend schwimmen beide in einer Spirale Richtung Wasseroberfläche. Nach etwa drei Metern Anstieg dreht sich das Weibchen für einen kurzen Moment auf den Rücken und es werden von beiden Geschlechtern die Keimzellen ausgestoßen. Die großen, aber vergleichsweise wenigen Eier werden pelagisch befruchtet. Frisch geschlüpfte Meerjunker haben ein planktonisches Larvenstadium von vier bis sechs Wochen und leben in Seegraswiesen, wo sie bessere Versteckmöglichkeiten haben.
 

Ernährung:

Der Meerjunker ernährt sich insgesamt omnivor, hat jedoch eine Vorliebe für tierische Nahrung. Auf seinem Speiseplan stehen Schnecken (Gastropoda), Krustentiere (Crustacea), Muscheln (Bivalvia), kleinere Fische, Vielborster (Polychaeta), Stachelhäuter (Echinodermata), Asseln (Isopoda), Flohkrebse (Amphipoda) und benthische Algen. Juvenile Fische können auch fakultative Putzerfische sein.

 

Verhalten:

Bei einigen sekundären Männchen kann ein Territorialverhalten beobachtet werden. Diese beginnen mit der Suche nach einem Territorium mit Anfang des Sommers. Sobald ein sekundäres Männchen ein geeignetes Revier gefunden hat, wird es durch ein Imponierverhalten markiert. Dabei hält es sich im Zentrum des Territoriums auf, wo es weit sichtbar ist, oder es umschwimmt die Grenzen des Territoriums mit aufgerichteter Rückenflosse, sodass die rot-blau-weiße Färbung erkenntlich ist. Ein Territorium bietet einem Meerjunker einen Nahrungsplatz und einen Fortpflanzungsort. Meerjunker, die nicht territorial sind (also primäre Männchen und Weibchen), leben zeitlebens ortsgebunden. Der Meerjunker schläft im Sediment und das Eingraben in selbiges ist sowohl von den Lichtverhältnissen als auch von der Temperatur abhängig. Nicht nur durch die Dunkelheit, sondern auch durch kaltes Wasser kann bei Meerjunkern ein Schlafverhalten, also ein Eingraben im Sediment induziert werden. Im Hochsommer sind sie von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr wach, während die Wachphase Ende des Winters nur von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr reicht. Auch als Fluchtreaktion graben sich Meerjunker bis zu fünf Zentimeter ins Sediment ein.
 

Besonderheiten:

Das optische Vermögen der Meerjunkers ist vergleichsweise gut entwickelt. Das Diencephalon, das die meisten optischen Schaltstationen im Gehirn enthält ist größer als das des Mönchsfischs Chromis chromis und die Netzhaut des Meerjunkers gehört zum Typ „Hell“-Retina mit vielen Zapfen, die wichtig für eine tagaktive Lebensweise sind. Auch eine Fovea ist vorhanden, die zentral liegt und eine deutliche Grube aufweist. Diese Eigenschaften zeugen von einer guten Sehleistung dieser Lippfischart. Da der Meerjunker nicht so thermophil ist wie der Meerpfau (Thalossoma pavo), wird er in vielen warmen und Flachwassergebieten von diesem verdrängt. Im Golfe du Lion (Frankreich) nehmen die Populationsgrößen hingegen zu; Gründe dafür sind der Bau von Staudämmen in der Rhone, die einen Kaltwasserzufluss verringern, und wahrscheinlich der Klimawandel.

Aquarien-Haltung:

Für die Aquarienhaltung sind diese Lippfische durchaus geeignet. Wichtig ist eine absolut dicht schließende Abdeckung (Meerjunker springen sehr gut) sowie ein ca. 5 cm hoher Bodengrund, in den die Fische als Schlafplatz benötigen. Das Becken für diese Vielschwimmer sollte wenigstens 150 cm Kantenlänge aufweisen. Aufgrund des ausgeprägten Territorialverhaltens ist in der Regel eine Einzelhaltung zu empfehlen. Anderen Fischen (auch Lippfischarten) ist der Meerjunker friedlich. Garnelen, Schnecken und kleinere Einsiedler werden gelegentlich erbeutet.

Meerjunker (Coris julis)

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Coris julis (c) Álvaro Alemany

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Coris julis (c) Frédéric ANDRE

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Coris julis (c) Sylvain Le Bris

Juvenile Meerjunker (Coris julis)

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Coris julis (c) Bernat Espigulé

Pfauen-Lippfisch
Symphodus tinca

Der Pfauen-Lippfisch ist ein im Mittelmeer und angrenzenden Schwarzen Meer vorkommender Vertreter der Gattung Symphodus innerhalb der Familie der Lippfische (Labridae). 

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Pfauen-Lippfisch (Symphodus tinca) ♂

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Pfauen-Lippfisch (Symphodus tinca) ♀ (c) François Roche

Anatomie und Aussehen:
Bei S. tinca handelt es sich um die größte Art der Gattung Symphodus im Mittelmeer. Die Männchen besitzen dabei eine größere mittlere Gesamtkörperlänge als die Weibchen. Wie bei allen Lippfischen, ist auch deren Maul durch sog. „Lippen“ gekennzeichnet, welche bei S. tinca spitz, wulstartig und stark ausgeprägt sind. Der Körper ist länglich oval und seitlich abgeflacht. Der Kopf ist länger als die Körperhöhe. Des Weiteren weist S. tinca eine sehr lange Rückenflosse (Dorsalis) auf, die sich fast bis zur Schwanzflosse (Caudalis) erstreckt. Wie bei vielen anderen Arten innerhalb der Familie der Lippfische, ist auch beim Pfauen-Lippfisch ein ausgeprägter Sexualdimorphismus hinsichtlich der Färbung zu erkennen. Während Weibchen gräulich bis grünlich bzw. olivfarben sind und zwei bis drei longitudinale dunkelbraune Streifen besitzen, zeichnen sich Männchen, vor allem während der Laichzeit, durch ein farbenprächtiges Erscheinungsbild aus. Aufgrund der homogenen Beigefärbung als Jungtier, kann der Pfauen-Lippfisch gegebenenfalls mit dem Grauen Lippfisch (S. cinereus) verwechselt werden. Als Adulttier bleibt der Graue Lippfisch allerdings viel kleiner, weist eine nicht so bunte Färbung auf und besitzt anders als der Pfauen-Lippfisch einen dunklen Fleck an der Basis der Rückenflosse (Dorsalis).

Lebensraum und Vorkommen:

S. tinca tritt im gesamten Mittelmeer, im angrenzenden Schwarzen Meer und im Ostatlantik von Nordspanien bis Marokko auf. Im Mittelmeer ist der Pfauen-Lippfisch eine der häufigsten Lippfischarten. Dabei bevorzugt diese Spezies vor allem felsige Küsten (Litoral). Primäres Habitat sind Gebiete mit großen Felsbrocken. Des Weiteren kommt er in salzhaltigen Lagunen und in Seegraswiesen vor. S. tinca ist sowohl im Flachwasser, als auch in größeren Tiefen bis zu 80 Meter anzutreffen. Am häufigsten trifft man auf den Pfauen-Lippfisch jedoch in einer Tiefe von drei bis zwölf Metern.


Ernährung:

S. tinca ernähren sich omnivor. Ihr Hauptnahrungsbestandteil sind benthische Wirbellose. Darunter fallen Seeigel, Schlangensterne, Muscheln, Polychaeten und Krebstiere, sowie Garnelen und vor allem Ruderfußkrebse (Copepoda). Bei S. tinca handelt es sich um einen Räuber, der als Lauerjäger handelt oder er kaut den Sand nach Fressbarem durch und spuckt die ungenießbaren Teile wieder aus.
Betrachtet man den Erfolg in der Nahrungssuche, spielt die Körpergröße eine starke Rolle. Wenn Fische wachsen, tendieren sie dazu, ihre Bandbreite an Beute zu erweitern, z. B. größere Beute zu fangen und einzunehmen. Dieses Phänomen ist auf die zunehmende ontogenetische Entwicklung des Mundes, der Sehschärfe, des digestiven Aufnahmevermögens (Verdauung) und eine verbesserte Schwimmleistung zurückzuführen.
 

Fortpflanzung und Aufzucht:

Die Weibchen des Pfauen-Lippfisches mit zwei Jahren und einer Körperlänge von zehn Zentimetern, die Männchen hingegen mit zwei bis drei Jahren und einer Körperlänge von ungefähr elf Zentimetern geschlechtsreif. Das maximal erreichbare Alter von S. tinca beträgt zwischen 14 und 15 Jahren. Die Reproduktion findet im Frühjahr statt. Die Laichzeit ist sehr regionsspezifisch, sie erstreckt sich allerdings grob von März bis Juni. Zum Beispiel laichen die Weibchen in Italien von April bis Mai, in Frankreich von April bis Juli und in Nordafrika von März bis Juni.
Bei S. tinca handelt es sich um eine ovipare Fortpflanzungsform, wobei das Weibchen bereits befruchtete Eier ablegt. Während alle anderen Arten der Gattung Symphodus ihre Nester selbst bauen, ist dies bei S. tinca nicht der Fall. Vielmehr legen die Weibchen ihre befruchteten Eier auf veralgten Felsblöcken ab. Die Aufgabe des Männchens besteht zum einen darin die Eier zu beschützen und zum anderen das Algennest für eine relativ lange Zeit, im Durchschnitt 31,4 Tage, aufrechtzuerhalten.
Es kann bei dieser Spezies ein protogyner Hermaphrodismus auftreten und es somit gelegentlich zu einem Geschlechtswechsel kommen. Dies ist jedoch eher selten der Fall.
 

Tätigkeit als Putzerfisch:

Neben dem Schwarzschwanz-Lippfisch (S. melanocercus) gibt es im Mittelmeer noch weitere Lippfische, die als Putzerfische „tätig sind“. Hierzu zählt auch der Pfauen-Lippfisch, der allerdings nur als Jungtier Putzerhandlungen ausführt. Unter Putzerhandlungen versteht man den Erwerb von Nahrung durch das Putzen anderer Fischarten. Fische, die geputzt werden wollen, um so ihre Hautparasiten loszuwerden, werden als Kunden bezeichnet. Jene Kunden stellen sich kopfunter oder -über senkrecht ins Wasser und positionieren ihre Flossen und Kiemen so, dass der Putzerfisch, z. B. S. tinca, die Hautparasiten in den Flossenfalten und den Kiemenhöhlen beseitigen kann. Gelegentlich öffnen die Kunden hierfür auch ihr Maul.
Neben S. tinca und S. melanocercus sind auch weitere Mittelmeer-Lippfische als Putzer aktiv, wie z. B. der Meerpfau (Thalassoma pavo) oder der Meerjunker (Coris julis). S. tinca ist nicht nur selbst Putzer, diese Spezies handelt auch oft als „Kunde“. Insbesondere Adulttiere lassen sich von einem anderen Putzerlippfisch, meist von S. melanocercus Jungtieren, marine Asseln entfernen.

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Grauer Lippfisch (Symphodus cinereus)

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Symphodus tinca (c) Regno d Nettuno

Schlafgewohnheiten:

Der Schlaf des tagaktiven Pfauen-Lippfisches zeichnet sich dadurch aus, dass er zu Nachtzeiten bewegungslos auf der Seite liegt und im Wasser treibt. Auch helles Scheinwerferlicht, etwa durch Boote oder Taucher, bringen ihn nur sehr gemächlich zum Aufwachen. Somit ist er insbesondere während dieser Schlafphase durch potentielle Prädatoren gefährdet.
Aufgrund der oft fehlenden Augenlider von Fischen wird „menschliches“ Schlafen in der Fischwelt nur selten wahrgenommen. Allerdings steht fest, dass bei Fischen, z. B. S. tinca, während der Ruhephasen die Frequenz der Kiemendeckelbewegung deutlich vermindert wird.

 

Aquarienhaltung:

Generell lässt sich festhalten, dass kleinere bis mittelgroße Lippfischarten, auch der Gattung Symphodus, durchaus in Aquarien privat gehalten werden können, insofern die Maße des Aquariums den anerkannten Normen entsprechen. Da Lippfische jedoch von Natur aus zu den Dauerschwimmern zählen und somit mehr Platz benötigen, sollte ihnen ein möglichst großes Aquarium zur Verfügung gestellt werden. Ist dies nicht der Fall, könnten sich Stereotypien, wie z. B. wiederholtes Auf- und Abschwimmen an den Aquarienwänden, entwickeln. Da es sich bei S. tinca allerdings um den größten Vertreter der Labriden im Mittelmeer handelt, kann speziell der Aquarienhaltung von adulten Pfauen-Lippfischen durchaus kritisch begegnet werden und sie dementsprechend als ungeeignet angesehen werden.

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Symphodus tinca (c) Donald Davesne

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Symphodus tinca (c) François Roche

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Symphodus tinca (c) Xavier Rufray

Meerpfau
Thalassoma pavo

Der Meerpfau ist eine Art der Lippfische (Labridae) und ist der wohl farbenprächtigste Fisch des Mittelmeeres. Der Meerpfau wird im Durchschnitt etwa 15 bis 20 cm groß, die Maximalgröße liegt bei 25 cm. Er hat einen schlanken Körper und weist einen starken Geschlechtsdimorphismus auf.

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Meerpfau (Thalassoma pavo) ♂

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Meerpfau (Thalassoma pavo) ♀

Verbreitung:
Der Meerpfau ist im kompletten Mittelmeer heimisch mit Ausnahme der nördlichen Adria und Teilen der nördlichen Gebiete des westlichen Beckens. Im Süden des Mittelmeers ist der Meerpfau häufiger anzutreffen als im Norden. Im Ostatlantik kommt er bis in den Golf von Guinea nördlich von Cap Lopez und an den Küsten der Azoren, Madeiras, der Kanarischen Inseln, São Tomés und Annobóns vor. Im Vergleich der letzten ein bis zwei Jahrzehnte sieht man eine Verschiebung der Verbreitung vom subtropischen Bereich nach Norden hin, sodass der Meerpfau nun im ganzen nordwestlichen Teil des Mittelmeers vorkommt.

Der Meerpfau hält sich am liebsten über Felsgrund und in Seegraswiesen auf, denn hier findet er genügend Versteckmöglichkeiten. Er kommt von Flachwassergebieten bis in Tiefen von bis zu 150 m vor, hält sich aber meist im Bereich der oberen 20 m auf. Der Meerpfau bewohnt aber neben Küstengewässern mit Felsen auch vom Menschen beeinflusste Ökosysteme wie Schiffswracks oder Anlegestege. Im Sommer besetzen die Männchen weitläufige Territorien an felsigen Küsten. Im Gegensatz zu seinem nahen Verwandten, dem Meerjunker (Coris julis), bevorzugt der Meerpfau noch wärmeres Wasser.


Weibchen:
Charakteristisch für seine Grundfärbung oder auch Anfangsfärbung, die nur die Weibchen zeigen, sind das blaue, ornamentartige Muster auf dem Kopf und fünf bläulich-grüne vertikale Streifen an den Körperseiten. Die Grundfarbe des Meerpfaus ist Bronze bis Goldgelb mit einem grünlichen bis orangen Ton, der individuell unterschiedlich ist. Außerdem besitzt der Meerpfau einen gut sichtbaren schwarzen Fleck auf dem Rücken in der Mitte der Rückenflosse, der von beiden Seiten gut zu erkennen ist. Die Schwanzflosse ist sichelförmig, die Flossenstrahlen sind also an beiden Enden verlängert. Bei Männchen sind die äußeren Strahlen der Schwanzflosse noch deutlicher fadenförmig verlängert. Die Einbuchtung der Flosse ist vor allem bei älteren Individuen besonders gut zu erkennen.

Die Jugendfärbung ist an der grünen Grundfarbe des Körpers erkennbar. Der schwarze Rückenfleck ist sehr auffällig und seine Färbung reicht weit in die Rückenflosse hinein. Der Rand der Schwanzflosse ist noch deutlich abgerundeter als bei den adulten Tieren. Die Übergangsfärbung der größten Weibchen, die in Kürze den Geschlechtswechsel vollziehen, wird durch den verblassenden Rückenfleck charakterisiert. Erst danach ändert sich die übrige Körperzeichnung.

Ab einer Länge von etwa 90 bis 120 mm wechseln alle Weibchen ausnahmslos ihr Geschlecht. Bei den entstandenen Männchen erfolgt nach dem Geschlechtswechsel ein Farbwechsel. Dieser hängt aber nicht direkt mit der Sexualinversion zusammen. Primärmännchen haben zu Beginn auch noch die Anfangsfärbung, die auch die Weibchen aufweisen. Sie ändern ihr Farbkleid erst mit einer Körperlänge von mehr als 130 mm. Somit weisen sowohl alle Sekundärmännchen als auch alle Primärmännchen, die größer als 130 mm sind, das Prachtkleid auf.


Männchen:
Die Färbung der Männchen wird von einem breiten blaugrünen Streifen hinter dem Kopf dominiert. Dieser ist das Unterscheidungsmerkmal zu den Weibchen und Jungfischen, die fünf grünblaue Querstreifen an den Seiten zeigen. Der Körper ausgewachsener Männchen ist massiver als der Körperbau von Weibchen und Jungtieren und die leierförmige Schwanzflosse ist stärker eingebuchtet. Ältere Männchen sind olivgrün bis grünblau gefärbt und weisen neben dem breiten blaugrün gefärbten Nackenband dicht hinter der Brustflosse ein weiteres Band mit rotbrauner Färbung auf. Der Kopf ist mit einem markanten rötlichen oder blauen Muster gefärbt. Spezifische Merkmale für die Gattung Thalassoma, in die der Meerpfau gehört, sind acht Stacheln in der Rückenflosse, 30 Schuppen in der Seitenlinie und labyrinthartige, blaue Streifen am Kopf.

Lebensweise:
Der Meerpfau ist ein emsiger Dauerschwimmer, der seine Umgebung ständig allein, in kleinen oder größeren Gruppen nach Fressbarem durchsucht. Die Fische fressen kleine Krebstiere, Schnecken und Muscheln. Zum Schlaf graben sie sich mit schnellen Schwanzflossenschlägen in den Sand ein. Meerpfaue betreiben keine Brutpflege und sind Freilaicher, die zur Fortpflanzung ins offene Wasser schwimmen und dort ihre Keimzellen abgeben. Die Eier treiben als Teil des Plankton fort. Zur Nahrungssuche bilden Jungfische und Weibchen oft größere Gruppen, sogenannte Nahrungsgemeinschaften.

Ernährung:
Bevorzugt ernährt sich der Meerpfau von kleinen Krebsen und Weichtieren wie Schnecken und Muscheln. Jungtiere zeigen auch ein Verhalten, das man von Putzerfischen kennt, denn sie putzen größere Fische und ernähren sich von deren Parasiten.

Fortpflanzung und Balzverhalten:
Eine Besonderheit des Meerpfaus ist, dass er ein protogyner Hermaphrodit ist. Diese Art von Zwittern durchläuft eine protogyne Geschlechtsentwicklung. Dies bedeutet, dass im Laufe der Entwicklung ein Geschlechtswechsel vom Weibchen zum Männchen stattfindet. Diese Männchen werden „Super-Männchen“ genannt, sie weisen ähnliche morphologische Charakteristika wie der Meerjunker auf.

Super-Männchen entstehen, wenn in Gruppen aus vielen Weibchen und einem Männchen das Männchen wegfällt. Dann wandelt sich eines der stärksten Weibchen zu einem neuen Männchen um. Der Geschlechtswechsel beginnt frühestens Ende Juli, meist aber Anfang bis Mitte August. Meerpfau-Weibchen mit Intermediärgonaden (eine Mischform weiblicher und männlicher Geschlechtsdrüsen) wurden im Juli vereinzelt gefangen und Mitte August wurden die meisten Individuen gefangen. Ende September gab es überhaupt keine Weibchen mit Intermediärgonaden mehr. Der Vorgang der Geschlechtsumwandlung an sich dauert nur etwa drei bis sechs Wochen.

Nutzung und Handel:
Der Meerpfau ist ein beliebter Aquarienfisch, da er nicht nur schön aussieht, sondern auch sehr einfach zu halten ist. Gefangen wird der Meerpfau mit beköderten Reusen. Er wird vor Ort nur im östlichen Mittelmeer und auf den makaronesischen Inseln gefangen und vor allem an den Aquarienhandel weiterverkauft. Außer dem genannten lokalen Fischfang ist der Meerpfau keinen größeren Gefahren ausgesetzt.

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Thalassoma pavo (c) Luis P. B.

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Thalassoma pavo (c) Bernat Garrigós

Thalassoma pavo

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Thalassoma pavo (Juvenile Gruppe)
(c) Gonzalo Mucientes Sandoval

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Thalassoma pavo (c) francescochiaromonte

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